Talentiert, aber voller Zweifel?
Wenn eine Frau bei einer Stellenausschreibung einen von zehn geforderten Punkten nicht erfüllt, hat sie Skrupel, sich auf den Posten zu bewerben. Männer hingegen denken in so einem Fall: "Ich lerne das eben, während ich es tue!" Wie kommt es zu dieser unterschiedlichen Haltung Herausforderungen gegenüber? Coach und B.F.B.M.-Bundesvorsitzende Carmen Reuter liefert dazu interessante Erkenntnisse ...
B.F.B.M.-Redaktion (AW)
May 17, 2022
„Laut den Forschungsergebnissen der Soziolinguistin Deborah Tannen kommunizieren Männer meistens vertikal, das heißt wettbewerbsorientiert. Frauen hingegen kommunizieren horizontal bzw. beziehungsorientiert. Die weibliche Kommunikationsweise ist darauf ausgerichtet, Harmonie innerhalb einer Gruppe herzustellen und zu bewahren.“, erklärt Carmen Reuter (Foto links) beim online-Workshop „Zweifelsfrei talentiert - genial zweifelnd?“. Das hat zur Folge, dass Frauen dazu neigen, ihre eigenen Leistungen und Erfolge herunter zu spielen, um andere Gruppenmitglieder nicht zu verunsichern oder gar zu beschämen. „Und diese Bescheidenheits-Masche wirkt leider oft ein ganzes Frauenleben auch nach innen“, führt Carmen Reuter weiter aus. „Weil Mädchen und Frauen ihre Erfolge nicht aussprechen, können sie sie nämlich auch selbst nicht fühlen und nicht in ihr Mindset aufnehmen“. Das ist der Grund, warum sich Frauen oft als weniger talentiert, kompetent und erfolgreich wahrnehmen als sie in Wirklichkeit sind.
Eine Untersuchung an mehr als 500.000 SchülerInnen aus 72 Ländern ergab bei der Aussage: „Wenn ich versage, habe ich Angst, dass ich vielleicht nicht genug Talent habe“, dass zwei von drei Mädchen aus OECD-Ländern zustimmten. Bei den Jungen war es nicht einmal jeder zweite.
Am stärksten waren diese Stereotype sogar in höher entwickelten und tendenziell geschlechtergerechteren Ländern bei den leistungsstarken SchülerInnen zu finden. Wenn diese Mädchen erwachsen sind, kann dieser mangelnde Glaube an die eigenen Fähigkeiten für sie folgende Auswirkungen haben:
- Frauen neigen zum Perfektionismus.
- Frauen nehmen Kritik persönlich.
- Frauen trauen sich weniger zu, neue Herausforderungen zu bewältigen.
- Frauen finden: Eigenlob stinkt.
Was muss sich ändern?
„Wir Frauen sollten uns nicht als Opfer sehen, sondern uns einfach mehr erlauben“, meint Carmen Reuter. Dazu empfiehlt sie, sich bewusst ein neues Mind-Set zuzulegen, das zum Beispiel folgende Glaubenssätze enthält:
- Jetzt bin ich neugierig, wie ich das lösen werde.
- Ich traue mir zu, dass ich mit allem, was das Leben mir bringt, umgehen kann.
- Ich darf ausprobieren und üben.
- Und auf alle Fälle werde ich etwas daraus lernen und wachsen!
Wichtig ist auch die Körpersprache, denn die wirkt gleichermaßen nach außen auf andere Menschen wie nach innen auf unseren eigenen psychischen Zustand. Das haben wissenschaftliche Studien bewiesen. Carmen Reuter: „Dabei geht es nicht um bestimmte Gesten, sondern um die Haltung als Ganzes. Eine enge, gekrümmte Körperhaltung wirkt nicht nur ängstlich - wenn wir darin feststecken, fühlen wir uns auch ängstlich“. Sie empfiehlt deshalb vor allem in herausfordernden Situationen eine weite Körperhaltung mit nach unten gezogenen Schulterblättern und einer offenen Armposition einzunehmen: „Einfach mal ausprobieren und den Unterschied genießen!“ Dann erscheint eine neue, herausfordernde Situation vielleicht tatsächlich lösbar …
Noch mehr Lösungen gibt es bei der Fortsetzung des online-Workshops mit Carmen Reuter "Selbstzweifel - eine weibliche Schwäche?" am 1. Juni. Details und Anmelde-Möglichkeit hier.
Selbstvertrauen
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