Charmant oder skrupellos?
Wie ginge es mir, wenn ich kein Gewissen und niemals Schuldgefühle hätte? Eine Reflexionsübung zu dieser Frage war der spannende Einstieg zum B.F.B.M.-Online-Workshop "Die anti-soziale Persönlichkeit im Unternehmen - toxisch und teamzerstörend" mit Unternehmensberaterin und Coach Anita Berres.
B.F.B.M.-Redaktion
September 14, 2022
Das Ergebnis des Gedankenexperiments: Die Teilnehmerinnen berichteten übereinstimmend, dass sich bei ihnen eine Vorstellung von Freiheit und Spaß eingestellt hätte, aber auch von unangenehmen Gefühlen der Einsamkeit und Grenzenlosigkeit. Gewissenlosigkeit und ein Mangel an Schuldgefühlen sind zentrale Merkmale einer „anti-sozialen Persönlichkeit“ (ASP). Die damit einhergehende Grenzenlosigkeit wird von diesen Menschen als positiv erlebt. Die Persönlichkeitsstörung ASP ist umfassend wissenschaftlich erforscht. Nach dem „Diagnostic and statistical Manual of mental Disorders“ der American Psychiatric Association sollte ASP in Betracht gezogen werden, wenn bei einem Menschen mindestens 6 der folgenden 7 Persönlichkeitsmerkmale vorliegen:
1. Neigung zur Manipulation
2. Gefühlskälte
3. Unehrlichkeit
4. Feindseligkeit
5. Neigung zu riskantem Verhalten
6. Impulsivität
7. Verantwortungslosigkeit
Bei insgesamt 4% aller Menschen liegt eine anti-soziale Persönlichkeit vor. Das sind ganz schön viele! Die Wahrscheinlichkeit, im Berufsleben früher oder später auf einen solchen Menschen zu treffen ist also ziemlich hoch. Und die Folgen für die Betroffenen können verheerend sein: „Diese Menschen setzen viel Charme ein, wirken zunächst interessant und einnehmend, können andere begeistern“, erklärt Anita Berres. „Dabei geht es ASP-Persönlichkeiten immer nur um die eigene Macht und den eigenen Vorteil, andere Menschen sind für sie nur von Bedeutung, wenn sie ihnen Nutzen bringen.“ Deshalb beginnt oft ein Spiel von Manipulation, Lüge und Verwirrung, in dessen Lauf der scheinbare Charismatiker gezielt die Schwachstellen seines Gegenübers ausnutzt. Am Ende verlieren die Opfer ihr Selbstwertgefühl und oft auch Reputation, berufliche Position oder gar Vermögen.
Wie wir uns schützen können
Natürlich können Laien keine sichere Diagnose für ASP stellen. Entscheidend ist aber Folgendes, und dafür lohnt sich die Beschäftigung mit dem Thema: Was kann ich tun, wenn mir ein Verhalten wie hier beschrieben entgegengebracht wird?
Zunächst einmal sollten wir unserer eigenen Wahrnehmung vertrauen und vorsichtig sein, wenn wir das Gefühl haben, dass mit einer Person etwas nicht stimmt - ganz gleich wieviel Ansehen diese Person bei anderen genießt. Spätestens, wenn Probleme auftauchen, ist Selbstschutz das oberste Gebot. Anita Berres (im Foto links): „Eine Auseinandersetzung oder Konfliktklärung, die im Umgang mit den meisten Menschen absolut sinnvoll ist, funktioniert bei ASP nicht, sondern verstärkt das Problem nur, indem man sich immer weiter in die toxische Beziehung verstrickt.“ Anita Berres rät: „Dem Charme widerstehen, auflaufen lassen und sich so weit wie möglich von diesen Menschen fernhalten!“
Psychologie
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